„Wie wollen sie (…“sie dumme, kleine Krankenschwester“ schwang deutlich in der Stimme mit!) eigentlich unterscheiden, ob ich ein Notfall bin oder nicht? Was gibt ihnen das Recht, mir meine Notfallsituation abzusprechen? “
Nun.
Nenn´es Erfahrung und Wissen, du Honk.
(Okay. Das war nicht nett.)
Also von vorne.
Was ist ein Notfall? Und wieso erdreisten sich manche Menschen (Krankenschwestern) zu unterscheiden: Och nö! Ist nicht so schlimm. Oh ja! Das ist schlimm!
In ,meiner` Notaufnahme wird seit Jahren mit dem Manchester Triage Sytem – kurz MTS – gearbeitet. Seitdem kann man noch nicht mal mehr sagen: Weil ich (jahrelange) Erfahrung habe, kann ich eine Krankheit einschätzen. Nein – ich habe jetzt einen „Fragenkatalog“ zur Hand, mit dessen Hilfe ich die Menschen und ihre Erkrankungen oder Beschwerden einschätzen kann. Es ist quasi ein Rahmenwerkzeug. Ich mag es sehr.
Es kommen täglich viele Menschen in die Notaufnahme. Und anders als beim Hausarzt ist es eben nicht so, dass die Verletzen/ Kranken/ Mühselig und Belandenen nach der Reihe ihres Eintreffens behandelt werden, sondern nach der Schwere ihrer Erkrankungen. Überraschung! Nicht wahr? Herzinfark vor Zeckenbiss.
Ich rede mit den Patienten, fasse ihre Beschwerden zusammen und das MTS errechnet die maximale Wartezeit, nachdem ein Patient spätestens Arztkontakt haben soll. Das wiederum ist farblich hübsch sortiert.
Was ist dringend? Was muss sofort behandelt werden? Was ist ein Notfall?
Eine kleine Reihenfolge – Ersteinschätzung in der Notaufnahme nach dem Manchester Triage System ( Vereinfacht – und hoffentlich leicht verständlich dargestellt).
Rot
Wer nicht mehr atmet oder nur unzureichend, keinen Puls hat oder sonstige Zeichen eines Schocks zeigt ( Blässe, Schwitzen, sehr schneller Puls und sehr niedriger Blutdruck) ist in Lebensgefahr. Er wird „Rot“ triagiert und sofort behandelt.
Orange
„Orange“ werden die Patienten triagiert, die eine große Blutung haben ( Wir reden hierbei nicht unbedingt von: Ich habe mir volles Rohr in den Finger geschnitten und es blutet wie Sau). Wir reden von viiiiiiel Blut! Von Blutungen, die sich auch unter Druck nicht stoppen lassen, sondern munter weiter bluten und dicke Verbände durchdringen.
Jemand, der einen veränderten Bewusstseinszustand hat – sei es durch Alkohol oder Drogen bis hin zum Schlaganfall.
Hohes Fieber über 41 ° zählt dazu oder Schmerzen, die als „stärkster Schmerz ever“ empfunden werden. (Wer relativ locker vor einem steht und seine Schmerzen auf einer Skala von – 0 = es ist alles in bester Ordnung bis 10 = ich sterbe gleich – mit 13 angibt bekommt ein wohlwollendes Lächeln. Aha. Es tut also sehr weh. Verstehe.
Patienten, die diesen Kriterien entsprechen, werden sehr dringend eingestuft und sind innerhalb von 10 Minuten vom Arzt anzusehen.
Gelb
Dazu zählen unstillbare, kleine Blutungen.
Berichte über Bewusstlosigkeit.
Fieber über 38,5°
Ein mäßiger Schmerz, der sich auf einer Skala von 0 bis 10 zwischen 5 und 8 befindet.
Dieser Patient sollte innerhalb einer halben Stunde vom Arzt gesehen werden.
Grün
„Grün“ ist alles, was ein „jüngeres Problem“ ist. (Jüngeres Problem ist nach der Definition vom MTS ein „innerhalb der letzten Wochen aufgetretenes Problem“.)
Leichtere Schmerzen (Auszuhalten – ohne das ich schreiend im Kreis laufen muss) Überwärmung. (Haut, die sich überwärmt anfühlt.)
Eine Körpertemperatur ab 37,5 °.
Ein gefühlter „Hausarztbetrieb“ in der Notaufnahme sieht überwiegend grün und blau aus. Die Menschen sind verletzt, aber wiederum nicht so schlimm, als dass sie sofort vom Arzt gesehen werden müssten. Hier können tatsächlich 90 Minuten vergehen, bis der Arztkontakt erfolgen sollte.
Blau
Es ist nicht dringend.
Blau ist: Ich habe schon seit Wochen hier und da ein bisschen Schmerzen. Ich wollte mal nachschauen lassen. Ach – irgendwie fühle ich mich nicht so wohl seit einiger Zeit und wollte es mal abklären lassen. Ich hab noch Licht gesehen. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause, als mir einfiel…. Ich hab da so ein unangenehmes Ziehen, wenn ich so mache.
Das alles sind ,generelle Indikatoren` für die Ersteinschätzung. Darüber hinaus gibt es für alle Arten von Krankheiten ,Präsentationsdiagramme`…
…von A wie abdominelle Schmerzen (Bauchweh), über Allergien und Atemnot bis hin zu Z wie Zahnschmerzen.
Von Hodenschmerzen bis Stürze.
Von Rückenschmerzen bis Krampfanfälle.
Von Kopfschmerzen bis „Betrunkener Eindruck“.
Von Selbstverletzungen bis Kardialer Schmerzen.
Von hinkenden Kindern bis sexuell erworbene Krankheiten.
Von „Unwohlsein“ bis Überdosierungen und Vergiftungen.
Und so weiter und so fort. Es ist alles dabei- quasi von der Zangengeburt bis zur Feuerbestattung.
Es ist also keine Willkürlich, nach der wir einschätzen. sondern ein Standart der über Jahre hinweg erarbeitet wurde und regelmäßig geschult wird, um Patienten gut zu versorgen. Auch, um sie einzusortieren – je nach der Schwere der Erkrankung.
Sollte sich ein Zustand in der Wartezeit verändern, kann ich das aufnehmen und die Einschätzung korrigieren. Nach unten oder nach oben.
Ein kleines Beispiel:
Jemand ist umgeknickt. Aua. Das tut weh. Der Knöchel ist geschwollen.
„Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?“
„Ich bin gestern umgeknickt. Es tut höllisch weh.“ (Der Patient hinkt in das Triagekämmerlein. Er kann laufen – unter Schmerzen, aber es geht)
„Zeigen sie mal. Wie ist es denn passiert?“
(Man sieht eine deutliche Schwellung)
Rot: Der Patient kann reden, laufen, atmen. Also nix mit rot.
Er hat keine Blutung, kein neurologisches Defizit( Keine Taubheit, kein Kribbeln, keine Lähmung), keinen veränderten Bewusstseinszustand , weil er tatsächlich (unter Schmerzen zwar, aber immerhin) noch laufen kann – auch offensichtlich keinen todbringenden Schmerz.
Würde er jetzt allerdings erzählen, dass er gestern unter die Räder eines Lasters geraten ist ….. ( Naja. Ist Quatsch. Dann wäre er sofort gekommen. Also nix ist mit der Geschichte vom auffälligen Verletzungsmuster.)
Somit ist er auch nicht orange.
Er hat keine grobe Fehlstellung und es schaut kein Knochen aus dem Knöchel heraus. Bewusstlosigkeit wird auch verneint. Betrunken war er auch nicht. Der Patient ist über seinen Hund gestolpert und dabei umgeknickt. (Was durchaus schmerzhaft sein kann. Ich weiß, wovon ich rede.)
Der Patient wird auch nicht „gelb“ triagiert, weil nichts davon zutrifft.
Also bleiben die Schwellung, ein jüngeres Problem und ein Schmerz um die 4 auf der Skala von 0= ich hab nix bis 10= ich sterbe. Und somit wir der Patient „grün“ eingeschätzt und bekommt einen Eisbeutel – wenn er möchte – und die vorherigen Patienten den Eisbeutel wieder abgegeben haben. („Das kann man aber auch so gut gebrauchen! Ich hab ja sowas nicht daheim. Jetzt schon. Hurra!“)
Die beliebte Frage: Wie lange muss ich warten, bis ich dran komme?
Man weiß es manchmal wirklich nicht. Wir arbeiten nicht beim Amt, wo ich sagen kann: Dieses Formular auszufüllen dauert 20 Minuten. Wir arbeiten mit Menschen. Manche Versorgung braucht länger, als gedacht. Oft kommt was dazwischen.
Manchmal gibt es kaum eine Wartezeit im Warteraum – aber dann…
..muss der Arzt zu einem Notfall auf Station, staut es sich vor dem Röntgen, sind noch fünf andere Patienten, die eher vom Röntgen zurück sind, kommt der Rettungsdienst mit einem Schwerverletzten und unzählige Gründe mehr, die man im Warteraum nicht mitbekommt. Aus die Maus mit dem schnellen Arztbesuch.
Es gibt keine Husch-Husch Behandlung im Krankenhaus. Hier wird maximal versorgt, bis alles abgeklärt ist.
Es gibt nicht nur einen Patienten in der Notaufnahme. Es gibt immer mehrere bis viele, um die sich gekümmert wird. All diese Menschen bekommen – wenn es nötig ist – eine komplette Krankenerhebung, Vitalparameter, Blutabnahme, Röntgenbilder oder CT -Untersuchungen, Ultraschall, Gips oder Verbände, einen Befund, einen Artztbrief. Das schüttelt man sich nicht mal eben locker aus dem Handgelenk.
„Das ist doch Scheiße hier – wie lange das dauert!“, schrie mich neulich ein Angehöriger an. Er kam mit seiner Frau, die seit Wochen Rückenschmerzen hatte.
Seine Frau wurde Blut abgenommen, sie bekam eine Schmerzinfusion, mehrere Röntgenbilder sowie ein CT der Lendenwirbel. Von der körperlichen Untersuchung will ich gar nicht erst reden. Und vom Schreibkram und Arztbrief.
Das dauert natürlich.
So sprach ich in Engelszungen (Deeskalation – leicht gemacht für jedermann): „Wissen sie: Überlegen sie mal, was wir bisher alles bei ihrer Frau gemacht haben. Und dann rechnen sie mal nach, wie lange das bei einem Haus- und Facharzt dauert. Da sitzen sie nicht Stunden – das sitzen sie Wochen!“
„Knurr. Stimmt!“
Und jetzt wissen wir auch alle, warum soviele Menschen so gerne in die Notufnahme gehen. Nicht wahr? Aller Wartezeit und allem Gejammer zum Trotz.
Sollte ich etwas vergessen haben, könnt ihr es gerne in den Kommentaren erwähnen.
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30. Juni 2016 at 17:38
Toller Beitrag!!
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30. Juni 2016 at 17:40
Danke schön! 🙂
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30. Juni 2016 at 17:53
Find ich gut. Allerdings gehöre ich auch zu den Menschen, die ohne Notfall Nichtmal dran denken in die Notaufnahme zu gehen.
Ein Frage als Mama hab ich da allerdings noch: Gilt das auch für Babys und (klein)Kinder? Die sind ja im Normalfall nochmal anders drauf, als erwachsene Menschen. Werden die anders bewertet? Von hysterischen Eltern gar nicht angefangen 😉
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30. Juni 2016 at 18:07
Ja. Die werden anderes behandelt. Es gibt z.B. die Rubrik „Besorgte Eltern“ . Schließlich kennen Eltern ihre Kinder am beste und wissen oft intuitiv, wenn etwas nicht stimmt. Da „meiner“ Klinik keine Kinderklinik angeschlossen ist, habe ich allerdings darüber nur „Lesewissen“.
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30. Juni 2016 at 19:54
Kinder kommen meistens direkt in die Kinderabteilung.
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30. Juni 2016 at 20:39
Perfekt auf den Punkt gebracht! Beschimpfungen in „wie lange dauert der Scheiss hier noch?“ könnte such bei uns sein. Schade nur, dass es “ blau “ und „grün“ meist doch nicht verstehen (wollen) und gerade die sich am lautesten beschweren.
P.S. Du musst ein Buch schreiben
Grüssle
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1. Juli 2016 at 7:15
Also… wenn ich mir also den Arm abgerissen habe, das Blut meterweit durch die Eingangshalle spritzt, dann weiß ich jetzt das ich noch bis zu 10 minuten Zeit habe um den Blog der Notaufnahmeschwester nach neuen Beiträgen zu durchsuchen 😀
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1. Juli 2016 at 7:18
Ah, das meiste fällt einem erst ein wenn man schon geschrieben hat. Sagt man der Person mit dem abgerissenen Arm dann er solle sich solange nochmal im Wartebereich hinsetzen, ein Arzt komme gleich? 😉 Und daneben sitzt der angetrunkene Jugendliche der sich leicht das Handgelenk verstaucht hat und regt sich auf wenn der Armlos schon nach 10 minuten dran kommt, obwohl er schon seit ner Stunde da sitzt.
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1. Juli 2016 at 20:43
* ghniiii*
Nein – man bittet ihn freundlich in die gute Stube und schaut sich die Sache erst einmal an. Und wenn dann der Arm tatsächlich abgerissen sein sollte – wird behandelt. (Wobei ich bezweifle, dass ein Mensch/ Mann mit abgerissenen Arm einfach so kommt. Am besten mit dem eigenen Auto? Nein – eher doch mit dem Rettungsdienst. 😉 )
Dem betrunkenen Juegendlichen würde ich bei Mecker- und Jammerattacken erzählen, wo der Frosch die Locken hat.
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1. Juli 2016 at 20:39
Definiere „Arm abgerissen“. 😉
Heute erst hatte ich einen jungen Mann, der kreidebleich kam: Seine Hand war in den Rasenmäher geraten! Das Taschentuch tropfte. Die Damen von der Anmeldung (keine Schwestern/Pfleger) war sehr aufgeregt. War der Finger ab? Gar die ganze Hand? Beim entfernen des Taschentuchs sahen wir eine ca 1cm lange Schnittwunde. Holla! Doch nichts ab! Wir zitierten Lady Macbeth. „Aber wer hätte gedacht, daß der alte/junge Mann noch so viel Blut in sich hätte?“ Fünfter Akt/ erste Szene.
Manches ist bei näherer Betrachtung doch nicht so schlimm. Manchmal ist es anders herum.
Aber ich freue mich, dass du deine mögliche Wartezeit sinnvoll verbringen möchtest. 🙂
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27. September 2016 at 18:49
Im KH Eisenstadt ist tatsächlich ein Mann mit abgetrennten Arm am Beifahrersitz mit dem Auto noch in die Garage gefahren (nach Anweisung des Portiers, der die Lage nicht erkennen konnte) Leider ist der replantierte Arm nicht drangeblieben. Natürlich besser wäre die Notrufnummer am Arbeitsplatz gewesen, die wohl den Hubschrauber angefordert hätte. Aber am man sieht: Alles ist möglich!
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1. Juli 2016 at 14:41
Danke auch für die Erklärungen! Ich habe einige laienhafte Bemerkungen/Fragen:
1) nicht nur Ärzte können erforderliche Rettungsmaßnahmen erfolgreich durchführen;
2) ist jede betrunkene Person als „orange“ einzustufen?
3) die Beschreibung von „rot“ ist m.E. zu kurz. Außerdem passt diese Beschreibung anscheinend auch auf jemanden, der gerade durch körperliche Belastung außer Atem kommt (sehr schneller Puls, Schwitzen).
4) Wer z.B. einen größeren Messer in den Oberkörper bekommen hat, kann in wenigen Minuten verbluten, wäre aber nach dieser Beschreibung „nur“ als orange einzustufen?
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1. Juli 2016 at 20:59
Liebr Igor,
schönen Dank für deine Fragen.
1. Natürlich können nicht nur Ärzte Rettungsmaßnahmen durchführen.
So ist jeder dazu verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten, wenn es Not tut. Ein bisschen Wissen kann da ganz nützlich sein ( Erste Hilfe Kurse, etc.)
2. Nicht jeder Betrunkene ist „orange“. Auch hier kommt es auf den Gesamteindruck an. Spricht er noch mit einem? Kommt er Aufforderungen nach? Reagiert er auf Schmerzreize? Ich habe schon Menschen im halben Alkoholhimmel schweben sehen – mit 1, 5 % – und welche, die krakelend mit 4, 5 % die Notaufnahme verlassen haben.
3. Rot ist alles, was quasi schon auf der Schippe von Gevatter Tot sitzt. Daher die kurze Beschreibung. Da braucht es nicht mehr.
Glaube mir, wir können durchaus unterscheiden zwischen einem Schock, einem Menschen der stark schwitz, weil es heiß ist oder jeamnden, der gerade eine körperliche Anstregung hatte. Das Gesamtbild macht es aus.
4. „Messer in Oberkörper“ ist ein auffälliger Verletzungsmachanismus“. Und per Definition tatsächlich „orange“. In der Regel kommt so jemand aber mit dem Notarzt und Rettungsdienst – und ist – je nach Verletzungsmuster dann meistens schon beatmet und intubiert. Auch hier muss man schauen: Wo steckt das Messer. Wie lang ist es etc. Es gibt viele Fragen da zu beantworten – was wir sehr schnell beantworten können. (Ultraschall/ Röntgen/ Traumascan mittels CT)
Letzlich ist die Schwelle zwischen rot und orange nicht groß. Solche Patienten sind in der Regel von der Rettunsgleitstelle angemeldet – und dann steht das Traumateam bereit. Egal, ob es noch Zeit hätte oder nicht.
Wenn einer mit einem Messer im Oberkörper selbstständig – am besten zu Fuß – in die Notaufnahme käme, wäre es schon eine große Ausnahme – nicht wahr?
Liebe Grüße und danke für dein Interesse. 🙂
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2. Juli 2016 at 10:02
Die beiden Alkoholfälle solltet ihr dringend mal veröffentlichen. Schon 1,5 Prozent Alkohol im Blut zu überleben dürfte eine kleine Sensation sein. Alkoholkonzentrationen die ich kennen bewegen sich üblicherweise im Promillebereich 😉
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2. Juli 2016 at 11:41
🙂 Ganz richtig beobachtet. Nur der Kenner weiß, dass es sich hierbei natürlich um Promille handelt. Und das % Zeichen falsch ist.
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1. Juli 2016 at 18:00
Auch noch wichtige Information: die oben genannten Zeitempfehlungen beziehen sich auf den ERSTKONTAKT mit dem Arzt. Der dann einschätzt, wie dringend es wirklich ist und was getan werden muss.
Das heißt also nicht, dass man damit rechnen darf, als „grüner Fall“ nach den 90 min wieder mit seinem Rezept auf dem Heimweg zu sein!
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1. Juli 2016 at 21:00
Das stimmt. Vollkommen richtig.
Bis auf dei Tatsache, dass das Pflegepersonal die Ersteinschätzung vornimmt. Liebe Grüße 🙂
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1. Juli 2016 at 23:19
Genauso läuft es in einer Notaufnahme. Und trotzdem liebe ich die Arbeit dort.
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2. Juli 2016 at 1:38
Hallo! Wie sind denn seelische Krankheiten in das System aufgenommen? Gelten Psychosen als veränderter Bewusstseinszustand? Muss sich akute Suizidalität durch Handlungen zeigen? Wie akut ist eine Magersüchtige, die nur noch 32 Kilo wiegt?
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2. Juli 2016 at 11:36
Liebe Heide, ja. Die sind aufgenommen. Zuerst steht auch hie rim Vordergrund ob einer noch atmet, etc. Es gibt ein „hohes Risko“ von Selbsverletzungen oder Fremdgefährdungen, dass eingeschätz wird. Ebenso wird eine „auffällige psychatrische Anamnese“ erhoben oder „auffällige Unruhe“ ermittelt. Ich arbeite allerdings nicht in einer Psychatrie.
Allerdings nehmen die psychischen und seelischen Krankheiten auch in der Notaufnahme einen mittleriwele immer größeren Platz ein. Borderliner, Angst- und Panikattacken.
Eine Magersüchtige würde ich zu den hohen Risiken ener Selbstverletzung zählen – und sie wäre damit „orange“. – So sie nicht sich im Schock oder ähnlichem befindet.
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2. Juli 2016 at 9:54
Einfach genial! Sollte in mehreren Sprachen gross und deutlich an den Eingängen der Rettungsstellen ausgehängt werden und in Dauerschleife über Lautsprecher laufen!
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2. Juli 2016 at 11:38
Danke schön. In unserm Wartezimmer hängt darüber ein Schild. Das kann man theoretisch in den Wartezeiten lesen – wenn man will.
Dennoch melden sich immer mal wieder die Wartenden um sich zu erkundigen: „Der kam aber viel später als ich – und ist schon in der Noraufnahme. Und ich muss immer noch warten! Wie kann das denn sein?“
Dann gibt man eben wieder den Erklärbär. 😉
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2. Juli 2016 at 10:08
Genauso spielt es sichs ab . Besonders gut kommt beim Krankenpflegepersonal an : Machen Sie mal hin – wir müssen noch einkaufen oder derzeit : Will bis zum Fußballspiel aber zu Hause sein 😉
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2. Juli 2016 at 11:44
Morgens um kurz vor 7 Uhr: Ein Mann kommt zum Fädenziehen. Jahrgang 1933.“Wie lange es dauert?“ Er hätte heute noch unglaublich viele Termine! – und ruckelt ungeduldig mit dem Rollator.
Seitdem ärger ich mich, dass ich ihn nicht gefragt habe, was ein hochbetagter Mann in aller Herrgottsfrüh so wichtigs an Termien hat. Das hätte mich ja mal driekt interessiert. 😉
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2. Juli 2016 at 13:05
Danke!
Meine Mutter war lange Jahre Ärztin in der Notaufnahme… Sie kam oft mit Geschichten nach Hause, in denen die Patienten sie mit „He, Schwester“ angemault haben und im Stil mangelnder Wertschätzung weiter gingen.
Ich bewundere Menschen, die diesen Job machen können!
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2. Juli 2016 at 15:10
Liebe Notaufnahmeschwester, ich bin begeistert…genau so geht das auch bei uns in der ZNA ab…inklusive Triage ( gleiches System ) und dem Wartebereich …bin gelernte Krankenschwester ( ohne Haube, aber mit rabiat-strenger Schulschwester) und mittlerweile seit 20 Jahren Rettungsassistentin im RD…kenne beide Seiten…und bewundere immer noch alle Menschen mit Geduld…die kommt jetzt erst bei mir mit zunehmenden Alter 😉
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4. Juli 2016 at 18:23
Hat dies auf Freidenkerins' Weblog rebloggt und kommentierte:
Das ist sehr wichtig, sich diesen Blogpost einmal genau durchzulesen! Frau Notaufnahmeschwester klärt gründlich und höchst kompetent auf, was ein medizinischer Notfall ist, und was nicht. Danke!
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8. Juli 2016 at 11:07
Sehr schöner Beitrag. Sollte eine ganze Seite in der Sonntagszeitung füllen!
Allerdings fehlt noch etwas ungemein wichtiges. Der deutliche Hinweis, dass man eben nicht „schneller drankommen wird“, nur weil man sich vom Rettungsdienst hat chauffieren lassen (auch nicht, wenn die Angehörigen zeternd hinterherfahren, weil die Retter sich geweigert haben, Rollator, Riesenkoffer und Nachbarn mitzunehmen und nicht unterwegs anhalten um noch ein Brötchen zu kaufen)
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28. Juli 2016 at 20:23
Jammern geht ja immer in beide Richtungen ;-). Der eine jammert, weil er subjektiv empfunden nicht schnell genug behandelt wird, der andere weil er sich in der Ausübung seines Berufes nicht wertgeschätzt und respektiert fühlt.
Es gibt also sehr, sehr wenig Menschen, die in der Notaufnahme sitzen und laut sagen „ach, behandeln sie ruhig die anderen Patienten vor mir, die sind schlimmer dran, ich wart hier gern noch blutend ein, zwei Stündchen“, sondern fast jeder der Ankommenden empfindet sein Leiden subjektiv als das schwerwiegendste, und befindet sich in einer für ihn ungewohnten, Angst machenden Ausnahmesituation ? Das überrascht mich jetzt aber.
Für die allermeisten Menschen ist ein Besuch in der Notaufnahme eben kein täglicher (Berufs-)alltag, sondern eine einmalige, in x Jahren vorkommende stressige Ausnahmesituation. Wer ernsthaft wohlreflektierte Menschen, die sich gepflegt und ruhig ausdrücken in einer NOTaufnahme erwartet, der hat sich bei der Arbeitsplatzwahl wohl ein wenig vertan.
Jetzt kann man der Klientel entgegenfeuern „Nenn´es Erfahrung und Wissen, du Honk.“, oder man erklärt ruhig „Neben meiner x-jährigen Berufserfahrung arbeiten wir hier nach dem MTS Standard. Ein Infomations – Faltblatt dazu finden Sie im Wartebereich neben dem Sitz.“ und denkt für sich im Stillen „zu dessen Lektüre Du noch mind. 45min Zeit hast…“. Dass die Kommunikation nicht dem üblichen Rahmen zwischenmenschlicher Kommunikation entspringt, sondern wie gesagt der Ausnahmesituation des „Nicht – wissens – was – passiert“ geschuldet ist, sollte jedem Profi klar sein.
Genauso ergeht es übrigens jedem von uns in für ihn ungewohnten Situationen, in denen er nicht weiß, was passiert und wie er sich verhalten soll. Der eine macht es eher introvertiert aus, der andere extrovertiert oder gar aggressiv.
Ich möchte jedenfalls nicht am Flughafen bei der Sicherheitskontrolle angeblökt werden „Du Vollidiot – Handy aus der Tasche !!!“. Oder bei der Verkehrskontrolle. Oder wenn es mal bei mir brennen sollte. Oder, oder, oder… Jeder von uns hat solche Situationen, in denen er kein Experte ist, und sich anderen anvertrauen muß, und sich später nüchtern betrachtet völlig bescheuert verhalten hat. Anvertrauen fällt einem leichter, dem anderen schwerer. Je nach persönlicher Lebensgeschichte. Information, was vor sich geht hilft jedem beim Verständnis. Kann auch ein Faltblatt sein, wenn man sich dieselbe Erklärung 100mal am Tag (er)sparen möchte. Dass es funktioniert, zeigt ja ein „Knurr. Stimmt“.
A propos Polizist: Ich glaub, die dürfen sich auch eine Menge anhören. Ebenso wie Lehrer, die Müllabfuhr, Pfleger oder Kindergärtner. Aber: von denen liest man vergleichsweise wenig in der Öffentlichkeit, dass sie sich über ihre vor schierer Dummheit strotzende Klientel beschweren.
Und auch diese Berufsgruppen sind was Bezahlung und Arbeitszeiten angeht sicher alles andere als üppig beschickt. Anders herum würde sich vermutlich auch kein Pfleger oder Kindergärtner beschweren, wenn ihm die Klientel mal vor die Karre kackt, oder ihn verbal durchjustiert. Auch sicher kein Zuckerschlecken.
Was macht also den Unterschied in der weissen Zunft, warum beschwert man sich über die Klientel und deren Verhalten besonders häufig ? Sie ändern wird man nicht, soviel steht fest.
Und das alles bitte nicht falsch verstehen, und mit einem Augenzwinkern lesen: Ich habe großen Respekt vor der Arbeit, und jedem, der sie leistet.
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28. Juli 2016 at 20:56
Ja.
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28. Juli 2016 at 21:06
Nein. Doch. Ohhhhh !
😉
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28. Juli 2016 at 21:36
In bewegten Bildern ausgedrückt:
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28. Juli 2016 at 22:37
Super geschrieben!
Schöne Grüße aus dem RTW 🙂
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28. Juli 2016 at 22:42
Penner Taxe * chkkkkk * Danke! Hübscher Name 🙂
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29. Juli 2016 at 16:46
Ich gebe zu, etwas anderes Thema, aber vielleicht auch nicht ganz – Auszug aus meinem Tagebuch von vor ein paar Tagen:
Letzte Nacht hat mal wieder ein vermutlich psychisch kranker Jugendlicher in München die Nerven verloren und neun Familien in unsägliche Trauer und Verzweiflung gestürzt. Ganz München erlebte eine Nacht der Angst und Unsicherheit und ganz viele Journalisten haben wieder mal ihrer Sensationslust freien Lauf gelassen.
Ich saß hier in Luanda und dachte mir nur, was für ein Wahnsinn, dieser Medienhype. Hier sterben unzählige Menschen täglich schlicht auf Grund der Ignoranz ihrer Mitmenschen an problemlos vermeidbaren Krankheiten, zum Beispiel weil die Verwaltung dieses Landes so lächerlich einfache Dinge wie Müllentsorgung nicht in den Griff bekommt. Hier sterben Menschen, weil sie aus Bierflaschen trinken, an die Ratten gepinkelt haben. Nennt sich Leptospirose und ist der Grund für ein sehr kurzfristiges Notfallprojekt von MSF in Angola. Und wenn ich weiß, dass hier jährlich tausende von Kinder und Schwangere sterben, weil sie nicht die sieben Euro für Coartem haben, ein Malariamittel, das in über 90% der Fälle Leben rettet – und wenn ich weiß, dass der neue Gesundheitsminister aus rein politischen Erwägungen kurzfristig MSF verboten hat, eine bereits vorbereitete Kampagne durchzuziehen, um 1,5 Millionen Menschen gegen Gelbfieber zu impfen – mit der Konsequenz dass sich Gelbfieber (hier mit einer noch relativ geringen Mortalitätsrate von ca. 10%) jetzt in die Nachbarländer, insbesondere Kongo ausbreitet – dann, ja dann sind die 9 Toten und 20 Verletzten in München leider vergleichbar lächerlich wenig, so pervers das klingt.
Ohne hier irgendwen oder irgendwas ins Laecherliche ziehen zu wollen – Ihr gruenen und blauen Patienten, nutzt die Wahrtezeit und schreibt euren Liebsten einen Liebesbrief als Dank dafuer dass Ihr warten duerft.
Danke fuer den Artikel
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29. Juli 2016 at 17:50
Ich sitze alle paar Wochen aufgrund meiner chronischen Krankheit in der Uniklinik (nicht in der Notfallambulanz) und schäme mich fremd für die notorischen „wie lange dauert das denn noch?“-Nörgler. Auch gut sind die, die ohne Termin ankommen, unbedingt einen Arzt sehen wollen, weil sie „seit gestern Abend da eine rote Stelle“ haben und unverschämt werden, wenn sie wieder nach Hause geschickt werden. Wie hält man solche Menschen aus? Jeden Tag? Wieso verlieren so viele Menschen so schnell ihre Manieren? Sie haben meine Hochachtung!
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29. Juli 2016 at 18:28
Vielen Dank. 🙂 möglichweise ist das die Ursache für unseren schrägen Humor. Man hält es aus. Das klappt schon. (Mal mehr, mal weniger gut.) Manchmal glaube ich, dass Alter lässt mich milder werden. Hin und wieder brauche ich eine starke Tischplatte, um meinen Kopf draufzuknallen. (Scherz. Ich will ja nicht in Wartezimmer sitzen. …)
Ach. Ich weiß es dich auch nicht. Ich mag es dennoch. Und könnte mir keinen anderen Arbeitsplatz vorstellen. ( Außer reich und berühmt mit meinem Memoiren zu werden) Liebe Grüße und Durchhaltevermögen mit der chronischen Krankheit. (Auch etwas, was kein Mensch braucht – eine chronische Krankheit)
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29. Juli 2016 at 22:37
@ UDy
Ich arbeite selbst im Rettungsdienst, es ist ein Unterschied ob jemand mault oder ob du mehrmals am Tag mit Schimpfwörtern belegt wird…
Was in der letzten Dekade zugenommen hat, sind die unsinnigen Einsätze (Rettungsdienst) und unnötigen Besuche einer Notaufnahme.
Ich finde, das die Menschheit in dieser Richtung immer Hilfloser wird.
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19. August 2016 at 13:45
Hallo Notaufnahmeschwester!
Auch wenn der Beitrag schon ein paar Tage hin ist: Toller Artikel! Meine Freundin ist ebenfalls Krankenschwester und gibt öfter ähnliche Geschichten zum Besten.
Was mich aber verwundert: Ich dachte immer, bei einem Schlaganfall ginge es um Minuten, wenn nicht Sekunden.
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19. August 2016 at 22:03
Vielen Dank dir! Und ja: „Zeit ist Hirn“. Ein Schlaganfall kommt immer sofort dran. Das ist ein akuter Notfall. (Sekunden ist ein bisschen zu hoch gegriffen. Schließlich müssen die Menschen ja erst einmal kommen – zack. Sekunden schon rum).
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30. September 2016 at 11:51
Zwar etwas älter der Beitrag aber ich möchte gern noch was ergänzen: mit einem Blutdruck von 230/160 und der bitte vom Hausarzt um Behandlung im kh kommt man auch sehr sehr schnell dran. Obwohl es mir bis auf den Blutdruck soweit gut ging.
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31. Januar 2018 at 16:19
Hi, bin etwas spät dran, nur zwei kurze Gedanken dazu:
Schöner Beitrag. Danke.
Ich war bisher 2x in der Notaufnahme, alles wahrscheinlich gelb nach dem obigen Schema, was ich gerne gewusst hätte: darf ich eine Ibuprofen nehmen, damit der Schmerz schon mal weggeht oder nicht, weil dann die Ärztin die Diagnose nicht richtig stellen kann.
Hab ich mich jedesmal gefragt, aber nicht getraut, zu fragen.
Das wäre als Info cool gewesen.
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1. Februar 2018 at 12:59
Das ist ein sehr schönes Thema! Danke für die Vorlage. Ich werde darüber schreiben.
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1. Februar 2018 at 18:28
Cool. Dann warte ich gespannt 🙂
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