Man sollte sich ja fit halten. So heißt es immer. Aus diesem Grunde (vor allem, weil ich mich immer tierisch ärgere, dass mir alle Renter davon schwimmen, weil ich so langsam bin) ging ich zu einem Schwimmkurs.

Ich hatte mich für  „Kraulen lernen – leicht gemacht für jedermann“ angemeldet. Der Trainer war an diesem Tag die Aushilfe. Sein Sohn, der den Kurs leiten sollte, stand im Stau. So stand ein älterer Herr im knappen Badehöschen am Beckenrand und zeigte eine unschöne Blinddarmnarbe (Man ist ja schier gewungen, mit fachfraulichem Blick alles wahrzunehmen: Krampfadern, Venenstatus, Narben aller Art, Gangarten)

Ansonsten war er mächtig entspannt, von unglaublicher Freundlichkeit und sanfter Stimme.
„Einfach mal los schwimmen. Einfach mal ausprobieren!“

Es klang wie ein über Jahre einstudiertes und bis in jede Flosse gelebtes Mantra eines erleuchteten Schwimmbuddhas: „Einfach mal los!“
Was mir die ersten zehn Minuten dermaßen auf den Nerv ging (Hallo? Ich will hier SOFORT was lernen), wurde ab einem bestimmten Moment unfassbar lustig. Denn der Herr im knappen Höschen zog es durch:

„Ich krieg keine Luft!“ sagte ein junger, durchtrainiger Kerl mit dicken Armmuskeln und nackter Heldenbrust neben mir.
„Einfach mal atmen. Holen sie einfach mal Luft zwischendurch“, war die sanfte Antwort.
„Ich komm nicht vom Fleck mit dem Beinschlag.“
„Einfach mal ausprobieren!“
Ruhig patrolierte er am Beckenrand auf und ab.

Da fängt das Kopfkino einfach mal an, sich selbst Sachen auszudenken:

Einfach mal den Kopf auch unter Wasser halten. Einfach mal schwimmen. Einfach mal leben. Einfach mal aufs Klo gehen. Einfach mal die Kameraden nebenan untertunken. Einfach mal die Klappe halten. Einfach mal ein Stück Torte essen. Einfach mal von der Südsee träumen. Einfach mal schwimmen.

Das Verteilen der Schwimmflossen ging ähnlich entspannt zu.

„Wer hat – moment mal – was steht hier – äh. äh. äh. Größe 44?

„Wer hat – moment mal – was steht hier – äh. äh. äh. Größe 40?

„Wer hat – moment mal – was steht hier – äh. äh. äh. Größe 42?“

Einfach mal ganz gemütlich die Flossen verteilen. Bis eine Mitschwimmerinn einfach mal aus dem Becken stieg, um sich ihre Flossen selbst zu holen. Bevor die Stunde aus war.

Notaufnahmeschwesterliche Abschweifung: Ich bin noch nie mit Flossen geschwommen, werte Lesefreunde. Der Traum von Ariell der Meerjungfrau ist für mich gestorben. Einfach mal in die flutschigen Flossen gezwängt. Einfach mal die Zehen aufgeschubbert. Einfach mal Krämpfe in bisher unbekannten Muskeln bekommen. Einfach mal wieder ausgezogen und das Gefühl verspürt, wie nach acht Stunden aus den High Heels zu schlüpfen.

Was soll ich sagen: Der Schwimmkurs war klasse! Ich war nach der Stunde einfach mächtig lustig. Einfach mal lachen – ihr versteht. Einfach mal leben. Muss man nicht so`n Bohei um alles machen. Einfach mal ausprobieren. Mantra für die nächsten Tage: gecheckt!

„Nächste Woche kommt sein Sohn wieder – der eigentlich Schwimmtrainer“, sagt meine Freundin. „Dann weht hier ein anderer Wind.“

Ach. Einfach mal schade!