„Wollen wir uns mal wieder treffen? Wir haben uns ja so lange nicht mehr gesehen! Nur jetzt gerade hab ich so gar keine Zeit, ich muss den Kleinen noch abholen und einkaufen und den Opa besuchen und dann muss ich noch….“

„Ja. Gerne. Wann denn?“

„Hm. Ich glaube, da muss ich mal in meinen Terminkalender schauen. Ich bin ja so im Stress, seit ich wieder Vollzeit arbeite. Und der Maxi ist ja so gar nicht flexibel. Da bleibt alles an mir hängen. Du kannst dir gar nicht vorstellen,…..“

„Wann meinst du denn so ungefähr?“

„Ach, lass uns doch noch mal zusammen telefonieren. Ich kann dir da gar keine Zeit sagen. Aber es wäre so toll, wenn wir uns mal wieder sehen würden. So richtig mit Zeit. Wie früher. Meine Güte, hatten wir einen Spaß. Kannst du dich noch dran erinnern, wie…“

„Musst du nicht dein Kind abholen und einkaufen und den Opa….“

„Ach du meine Güte, wo ist den nur die Zeit wieder geblieben! „

Wenn ich Zeit habe, ist das alles chillig. Wenn nicht…..

… kriege ich die Krise bei solchen Gesprächen. Laut schreiend könnte ich da im Kreis laufen. Dass es manchmal schwierig sein kann, einen Termin zu finden – kein Ding. Aber manchmal. Also manchmal…. manchmal macht mich das wahnsinnig. Gerede ohne Sinn und Ziel – gerne mit dem Vermerk: Ich hab überhaupt gerade keine Zeit. (Meist mit angehängtem Gekicher)

„Hauptsache was geredet!“, sagen die Leute dann.

Oder Arbeitskreise. Rababarabarababa ohne Ende. Jeder kommt mal dran und darf seinen Senf dazu geben. Man darf gar nicht auf die Uhr schauen, wie viel Zeit man hier vertrödelt. Vertrödeln kann. (Ich war mal auf einer Sitzung, die genau für eine dreiviertel Stunde ausgelegt war. Nach fünf Minuten war meiner Meinung nach alles gesagt. Problem erkannt, Problem gebannt. Lösungsvorschläge – zack- auf dem Tisch. Aber die „Stunde“ war noch nicht rum. Also noch mal von vorne. Und dann noch mal. Ich hätte in die Tischplatte beißen mögen!)

Das ist die Kunst der Kommunikation – sagt mein innerer Schlaubischlumpf.

Das ist oftmals Zeitverplemperung..

Es ist ja so, dass ich durch meinen Beruf geprägt bin. Ich bin in vielen Dingen schnell. Sehr schnell. Ich kann schneller essen, trinken, rauchen und Pipi machen –  als die schnellste Maus von Mexiko – wenn`s darauf ankommt. Und ich kann mich wahnsinnig schnell umziehen. So schnell, dass meine Kollegen zweifeln, ob ich in der Umkleide oder in der Zaubertür bei Marijke Amado aus der Mini Playback Show verschwinde.

Ich bin doppelt geprägt, weil ich in einer Familie mit ausschließlich männlichen Mitgliedern wohne. Die Kabarettistin Monika Gruber sagte einmal: Mit einem Kerl musst du reden wie mit einem Hund. Kurz. Knapp. Knackig. Dann verstehen die dich. Über all die Jahre mit viel Erfahrung kann ich sagen: Sie hat Recht. (Auch wenn sich der Vergleich nicht sehr schmeichelhaft anhört. Aber säusele mal ein Kind an, mit der Bitte, seine Socken vielleicht, möglicherweise – also nur, wenn´s gerade passt – in den Wäschekorb zu legen. Da kommste nicht weit. Ein kurzes: Socken! Schmutzwäsche. Jetzt!  – hilft das viel mehr)

Das ist also meine Ausgangsposition für Gespräche.

Erst die Pflicht, dann bleibt meinetwegen lange Zeit für die Kür.

(Meine Freunde kennen das schon. Da geht es dann so:

Wann wollen wir uns treffen?

Dienstagabend? Nach acht Uhr.

Ne. Da hab ich Spätdienst.

Donnerstag um elf Uhr? Zum Frühstück bei mir. Bring Brötchen mit.

Mohn?

Jupp.)

In der Notaufnahme hat man ebenfalls nicht immer Zeit, lang und breit den Erklärbär zu geben.

Immer dieser Kommandoton. So bestimmend. So bäh. Wie die hier alle sprechen. Die sind gar nicht nett. Mimiminimi. Dabei ist es oft der Zeitdruck. Nichts anderes. 

Variante ohne Zeit = die böse Schwester:

„Ziehen Sie sich bitte aus. Hier habe ich ein Hemd für sie, das ziehen sie biite an. Ja – es wird hinten zugemacht. Nicht vorne. Das hat sich bewährt. Nein. Es ist kein Leichenhemd. Sind ja Blümchen drauf. Legen sie sich bitte auf die Liege und dann geht`s schon los mit den Voruntersuchungen.“

Kannste nicht machen. Da muss man erst mal reden. Viel und gerne lang. Man möchte ja keinen vor den Kopf stoßen.

Variante mit Zeit = die gute Schwester:

„Ja. diese Schmerzen sind bestimmt fürchterlich.(Pause, damit der Patient das Ganze zu „verdauen“ kann und um zu  signalisieren: Wenn du möchstest, sage  was. Sprich dich aus. Lass alles mal raus)

Wir würden sie gerne untesuchen, damit wir ihnen helfen können. (Pause, damit der Patient das Ganze zu „verdauen“ kann und um zu  signalisieren: Wenn du möchstest, sage  was. Sprich dich aus. Lass alles mal raus)

Wie wäre es, wenn sie sich mal ausziehen würden? (Pause, damit der Patient das Ganze zu „verdauen“ kann und um zu  signalisieren: Wenn du möchstest, sage  was. Sprich dich aus. Lass alles mal raus)

Schau sie – ich habe hier ein Krankenhausuntersuchungshemd. Es wäre prima, wenn sie da hinein schlüpfen würden. (Pause, damit der Patient das Ganze zu „verdauen“ kann und um zu  signalisieren: Wenn du möchstest, sage  was. Sprich dich aus. Lass alles mal raus)

Usw usw.usw.usw.usw. (Pause, damit der Patient das Ganze zu „verdauen“ kann und um zu  signalisieren: Wenn du möchstest, sage  was. Sprich dich aus. Lass alles mal raus)

Dabei könnte es im Leben so einfach sein:

Why

Das kennt ihr. Nicht wahr?

So kann/ könnte Kommunikation auch gehen. Ganz ohne aufgehübschten, langatmigen Schnickschnack außenrum. Direkt mach meinem Geschmack.

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