Falls Ihr es noch nie erlebt hast – eine Notaufnahme kann furchteinflößend sein. Das wissen wir. Es riecht komisch. Viele Menschen rennen hektisch durch die Gegend. Ihr hört vielleicht Geräusche, die ihr lieber nicht hören wolltet. In der Regel kommt ihr völlig unvorbereitet, weil irgendein Ereignis euch aus der Bahn geworfen hat. Atmet durch.

Hier ein paar Dinge, die ihr wissen sollte

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1. Keine Panik.

Ob Zeckenbiss oder Herzinfarkt, Bauchweh, Schlaganfall, Nierenkolik, Kopfplatzwunde oder zu viel getrunken. Glaubt mir: Wir haben das alles schon gesehen. Wir helfen euch! Atmet tief durch! Noch mal. Und dann noch mal. Das hilft fürs erste.

2. Fasst euch kurz. Für Feinheiten ist vielleicht später noch Zeit.

„Was ist denn passiert?“ „Ich stand da an der Strasse und wollte rüber gehen, aber die  Ampel schaltete da auf rot, da bin ich einen Schritt zurück gegangen, und da war auf einmal diese Kante, die ich vorher noch gar nicht gesehen hatte, da bin ich mit meinen neuen Pumps hängengeblieben, dabei hab ich die erst heute gekauft – und jetzt schauen sie mal: voll der Ratscher drin,da war dann dieser junge Mann, der mich gerade noch aufgefangen hat, der trug so einen Bart, wie das die Männer heute so tragen, aber eigentlich war der ganz nett, also der hat mich aufgefangen, wer weiß, was sonst noch passiert wäre und jetzt bin ich hier und in einer halben Stunde geht mein Zug, meinen sie, wir schaffen das noch, weil ich habe zuhause einen Hund und sonst müsste ich die Nachbarin anrufen, damit sie mit ihm Gassi geht, aber vielleicht ist die noch auf der Arbeit……“

3.  Wir mögen euch alleine am liebsten.

Angehörige können schrecklich sein. „Mein Sohn ist 39 Jahre alt und er hat hohes Fieber. Ich MUSS  dabei sein.  Ich bin schließlich seine Mutter!!!!“

Wir sehen immer ganz gerne Patienten zuerst am liebsten alleine. Ohne Ablenkung und ohne „dazwischengegackere“, ohne Ohnmachtsanfälle und die Familiengeschichte bis ins 7.Glied. Bitte glaubt uns, wenn wir sagen, wir holen eure Lieben schon, wenn wir sie brauchen.

4. Wenn ihr wisst, dass ihr in die Notaufnahme kommen müsst, wascht euch.

Eine Notaufnahme ist eine olfaktorische Herausforderung. Wenn ihr gewaschene Füße habt und auch sonst nicht stinkt, habt ihr gleich einen unglaublichen Bonuspunkt. Das fällt sofort auf! Glaubt mir. Ihr werdet es daran merken, dass wir verzückt schnüffeln. Denn das kommt tatsächlich selten vor. Selbst bei jemanden, der vor drei Tagen mit seinem Fuß umgeknickt ist, kann es sein, dass er sich leider noch nicht waschen konnte. Diese Schmerzen. Ihr wisst.

Und logisch – Menschen, die bei der Gartenarbeit von der Leiter gefallen sind oder sonst wie frisch verunfallt, akut krank geworden sind können sich nicht vorher duschen. Auch das wissen wir.

5. Versicherungen interessieren uns eher weniger.

Wir sind das Pflegepersonal. Nicht die Verwaltung. Wenn ihr  – noch bevor ihr euren Namen gesagt habt – euren  Versicherungsstatus erzählt mit dem Zauberwort: „Ich bin Privat- Versichert!“, finden wir das reichlich merkwürdig. Als würde es an unserer Arbeit etwas ändern. Wir freuen uns natürlich, dass mit dem Besuch eines Patienten unser Arbeitsplatz erhalten wird. Allerdings haben wir persönlich von eurem Versichternstatus leider nichts. Weder mehr Geld auf dem Konto, noch Ruhm oder Ehre.

6. Wenn es etwas länger dauert….

freut euch. Denn dann bedeutet es, dass ihr den Tag gut überleben werdet. Eine lange Wartezeit ist ärgerlich, aber für euch ein Garant, dass ihr nicht sehr schwer verletzt seid und daher warten könnt. Schlimmer wird es, wenn plötzlich – wie aus dem Nichts – viele Menschen um euere Liege stehen. Jeder mit einem anderen Zettel in der Hand oder den Blick auf einen Monitor gerichtet.

7. Das Pflege – und Ärztepersonal hat ein Privatleben. Merkwürdig, aber wahr.

Wenn Ihr in eurem Zimmer liegt und ihr hört, dass draußen der Arzt oder das Pflegepersonal mit dem Pizzaservice telefoniert: entspannt euch. Bleibt tapfer. Zürnt und zetert nicht. Wir kommen gleich! Die Tage in einer Notaufnahme können verdammt lang und anstrengend sein. Ihr wisst nicht, um welches Leben vielleicht vorher gekämpft wurde und wie lange alle  schon ohne Mahlzeit war. Ein gutgelauntes, freudiges und sattes Personal wird euch lieber sein, als eines, das wie ein Roboter alles hübsch der Reihe abarbeitet.

8. Wir lieben Kekse. Und Gummibärchen. Und Schokolade. Und Wurstsemmeln.

Lasst uns das von vornherein klarstellen: Wenn ihr vom Krankenhaus-Personal über alles geliebt werden wollt, bringt Leckereien mit. Kaffee. Kekse. Eine Gemüseplatte. IRGENDETWAS.  Manchmal fällt das Essen aus, weil so viel zu tun ist. Und während die hübsch verzierten Torten direkt an der Notaufnahme vorbeigeschleppt werden – hoch zu den Stationen – gibt es in der Notaufnahme nichts. NICHTS. Wir verstehen das. Meistens kommt ihr ja unangemeldet. Aber: Essen ist immer großartig. Ohne Ausnahme.

9. Keine Panik

Wir vergessen euch nicht! Atmet noch einmal durch. Das kann nicht schaden.

10. Wir dolmetschen gerne

Arzt- Schwester-Patient. Manche (nicht alle!) Ärzte können nicht in verständlicher Sprache Krankheiten erklären. So etwas wird auf der Arztschule nicht gelehrt. (Dafür so wichtige Dinge wie „unleserliche Handschrift“). Manche lernen es nie. Wir übersetzten für euch alles.

11. Wenn ihr nett seid zu uns…

… sind wir sehr nett zu euch. Manche Patienten können wirkliche Heimsuchungen sein. Schlecht gelaunt, Das Haar sitzt falsch. Der Arzt ist doof und inkompetent, die Zahnprothese drückt und der Pups sowieso. Das macht es ein bisschen schwierig. Schöner ist es, wenn alle nett zueinander sind. Dann geben wir euch auch mal ein Pflaster extra mit, holen euch Gehstöcke in eurer Lieblingsfarbe und  schreiben einen Extra Streifen EKG, damit ihr es eurem Lieblingsmensch mit den Worten: „Mein Herz schlägt nur für dich!“ überreichen könnt. Das machen wir. Echt!

Bonustrack. 11 1/2. Manchmal hat man auch einfach Pech…

… mit dem Personal. Das ist schlimm.  Das möchte man nicht haben. (Es gibt aber auch manchmal komische Kauze). Haltet durch. Seid gewisse: die ganz miesen arbeiten nicht in einer Notaufnahme. Manchmal ist es nicht eine Frage der fachlichen, sondern der sozialen Kompetenz. Es gibt nicht nur EINEN Arzt oder EINE Schwester. Wir wechseln immer mal durch. Wenn die Tür aufgeht, kann es also sein, dass NACH dem komischen Kauz ein lustiger Engel kommt. Wie im richtigen Leben jenseits der Kliniktüren eben.